Targeting im Sugar Bowl

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Ein neues Jahr bricht an und damit stehen die Play-Offs im College-Football an, auch wenn es keine offizielle Meisterschaft der NCAA ist. Eines der beiden Halbfinalspiele war der Sugar Bowl in New Orleans zwischen den Clemson Tigers und den Ohio State Buckeyes. Beide Teams trafen auch schon in der Vorsaison im Halbfinale aufeinander und beide Spiele haben eine Gemeinsamkeit. Denn in beiden Partien wurde ein Spieler der Buckeyes wegen Targeting disqualifiziert und manche Twitter-Kommentare führen nun dazu, dass ich mich auch hier mit dem Spielzug beschäftige.

Justin Fields, QB von Ohio State, läuft mit dem Ball und wird durch einen harten Hit von Clemson Linebacker James Skalski zu Boden gebracht. Darauf blieb der Spielmacher der Buckeyes verletzt liegen. Auf dem Feld lag keine Flagge, dennoch wurde Skalaski wegen Targeting vom Platz gestellt. Gehen wir mal die wichtigen Aspekte zu dem Spielzug und Targeting im College Football durch.

"Flagge" durch Videoschiedsrichter
Sollten die Schiedsrichter auf dem Feld ein Targeting übersehen kann der Video-Schiedsrichter eingreifen und über Funk der Crew auf dem Feld mitteilen, dass ein Targeting vorliegt. So wie es hier der Fall war. Dazu habe ich die Aussage gelesen, dass nur auf Foul entschieden wurde weil Field verletzt liegen blieb. Das war ganz sicher nicht so.
Jede Entscheidung für Targeting wird per Video nochmal überprüft. Deshalb spricht in solchen Fällen der Referee bei seiner Ansage die automatische Disqualifikation noch gar nicht aus, sondern verkündet nur das Foul und die Überprüfung des Spielzuges. Danach kann es dann nur bestätigt oder geändert werden. Es gibt in solchen Fällen kein "stands" mehr.
Dafür müssen bestimmte Dinge vorliegen. Zum einen für Regel 9-1-4 muss der getroffene Spieler verteidigungslos sein. Für 9-1-3 ist das nicht nötig. Dann muss genügend Wucht im Kontakt liegen. Das englische Regelwerk spricht hier von "forcible contact". Abschließend muss ein Indikator vorliegen. Das sind u.a. diese.

a) Abheben (launch) - ein Spieler, der springt (mit seinen Füßen den Boden verlässt), um einen Gegner anzugreifen, indem er sich mit seinem Körper vorwärts und aufwärts stößt, um im Bereich des Kopfes oder Halses einen Kontakt herzustellen.
b) eine Bewegung aus einer vorgebeugten Haltung heraus, bei dem durch einen aufwärts und vorwärts führenden Kontakt der Kopf- oder Halsbereich eines Gegners berührt wird, auch wenn eine oder beide Füße des Blockers in dieser Bewegung am Boden bleiben.
c) ein Angriff auf den Bereich des Kopfes oder Halses, bei dem der Helm, ein Unterarm, eine Faust, eine Hand oder ein Ellenbogen als erstes auf den Gegner trifft.
d) Herunternehmen des eigenen Kopfes, um einen Angriff mit der Helmoberseite auszuführen.

Wenn kein Indikator vorliegt, der Kontakt nicht ausreicht oder der evtl.nötige verteidigunslose Spieler nicht vorhanden ist, dann liegt kein Foul für Targeting vor. Das kann z.B. vorliegen, wenn der Spieler versucht einen Pass zu fangen und dabei einen Gegner, der das gleiche versucht am Kopf trifft. Ebenso wenn der Spieler seinen Gegner nicht angreift, so wie in diesem Beispiel den Kontakt eher absorbiert.

Das Foul selber
Es gibt zwei Formen von Targeting. Zum einen der Angriff gegen den Kopf-/Nackenbereich eines verteidigungslosen Spielers (Regel 9-1-4). Dabei ist es egal ob man diesen Spieler mit dem Helm, der Schulter, den Armen, etc. trifft. Solange der Hit ausreichend Wucht hat und ein Indikator vorliegt ist das ein Targeting mit einer automatischen Disqualifikation. Diese Regel wurde deshalb so geschrieben, da die größte Gefahr für den Spieler besteht, der den Hit nicht kommen sieht und wenn man sich die Fouls nach 9-1-4 anschaut, dann sehen diese Spieler die Treffer wirklich nicht auf sich zukommen.
Wer aufpasst merkt, dass ich hier nichts von Helm gegen Helm schreibe. Auch wenn es leider noch oft gesagt wird, das Regelwerk sagt nicht aus, dass jeder Kontakt zwischen Helmen automatisch ein Foul ist. Dafür tragen die Spieler Helme, weil man mal blöd zusammen stößt.
Zum anderen gibt es den Angriff mit der Helmoberseite (9-1-3). Wenn hier genügend Wucht beim Kontakt vorliegt ist es egal wer wo getroffen wird, denn so ein Kontakt wie im obigen Video, aus dem Sugar Bowl, ist eine große Gefahr für den Nacken des Spielers. Prominentes Beispiel ist Ryan Shazier von den Pittsburgh Steelers. Nach einem Hit wie von Skalski kann er heute glücklich sein, dass er wieder gehen kann. Das hätte auch anders ausgehen können.

Ziel der Regel
Was wollen die Regelschreiber erreichen? Es sollen bestimmte Hits aus dem Spiel verschwinden. Deshalb wird die höchste Strafe, mit der Disqualifikation, verhängt. Dadurch sollen Spieler ihre Technik ändern. Gerade ein Spieler wie Skalaski hätte daraus lernen können. Im Vorjahr wurde er, beim Spiel gegen LSU, für die gleiche Art des Kontakts vom Platz gestellt. Anscheinend hat er es nicht verstanden, denn sonst hätte er das nicht nochmal gemacht.
Außerdem soll dieses Foul möglichst konstant geahndet werden, so dass man so wenig subjektive Elemente wie möglich in die Regel packt. Denn wenn man jetzt ein Targeting ohne und eins mit Disqualifikation hätte, gäbe es reichlich Diskussionen warum der eine und nicht der andere vom Platz gestellt wurde.

Der Ballträger
Jetzt kann man anmerken, dass es so gut wie nie Ballträger aufgrund von Regel 9-1-3 vom Platz gestellt werden. Das ist auch relativ unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Ein Ballträger, der mit dem Kopf runtergeht hat andere Intentionen als der Tackler. Er möchte sich vor dem Kontakt und auch den Ball schützen, denn aufrecht in den Tackle zu laufen erhöht die Gefahr eines Fumbles und ist auch nicht so angenehm. Das soll dem Ballträger keinen Freifahrtschein geben, dass er mit der Helmoberseite machen kann was er will. Aber um das Foul zu begehen muss er schon deutlich zielgerichtet den Kopf in den Gegner rammen. Wobei ich hier verstehen kann, wenn man hier eine härtere Regelauslegung fordert.

Absicht
In einigen Tweets wurde argumentiert, dass Skalaski nichts dafür kann, weil sich Fields in den Kontakt gedreht hätte. Ja Fields dreht sich etwas bevor er getroffen wird. Aber ich habe Zweifel, dass das viel geändert hätte. Auf dem Video ist nicht wirklich viel seitliche Bewegung vom Buckeyes-Spielmacher zu sehen. Dazu wäre es kein Foul gewesen, hätte der Tigers-Linebacker seinen Kopf nicht gesenkt, sondern sein Ziel mit der Vorderseite des Helmes getroffen oder noch besser mit der Schulter. Das wäre auch nicht so gefährlich für den Nacken des Verteidigers gewesen.
Natürlich kann es Spielern aus Versehen passieren ein Targeting zu begehen. Aber die Regel ist so geschrieben, dass sie dem Hitter die Verantwortung überträgt was er trifft. Denn das Ziel ist klar, dass man bestimmte Kontakte nicht mehr im Spiel haben will und dann lieber härter durchgreift um das zu erreichen. Da die Verteidiger mehr mit "hitten" zu tun haben führt das dazu, dass sie öfters das Foul begehen können. Wobei die Regeln nicht nur für Verteidiger geschrieben sind.
Aus meiner Sicht begehen Spieler ein Targeting meistens, wenn sie auf den großen Hit aus sind. Dabei sind sie fahrlässiger und dann passiert es. Das ist natürlich nur mein subjektiver Eindruck und kann nicht durch Daten belegt werden.

Mein Fazit
Die Regeln zum Targeting sind für mich richtig und es sollte nicht immer nach Ausreden gesucht werden, warum ein Spieler so in den Kontakt gehen musste. Dadurch bringt man niemanden dazu seine Technik zu ändern. Wenn es blöd läuft sitzt man danach im Rollstuhl oder schlimmer. Aber Hauptsache man hat ein First Down oder einen Touchdown verhindert. Das ist immer noch ein Spiel und das ist es nicht wert. Man muss nicht alles riskieren und sollte es auch nicht. Ist dann vielleicht weniger spektakulär aber wahrscheinlich effizienter. Denn am Ende muss sich das Spiel ändern und sicherer werden, denn sonst wird Football gar nicht mehr gespielt.

Bild ist ein Screenshot aus der TV-Übertragung von ESPN